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Osteuropa 1988 - Nach Bulgarien
Teil 2
27.08.
Nach dem Budapest-Ruhetag geht es nun weiter -
erstmals auf dieser Tour über Nebenstraßen:
Szöd, Vacratot, Gödöllö, Isaszeg, Zsambok, Toalmas, Szentmartonkata,
Nagykata, Tapioszele, Ujszilvas.
Von dort aus gibt es nur einen Feldweg bis nach Abony.
Wir erreichen Szolnok und schlagen uns kurz dahinter in die Büsche zum Zelten.
146 km
28.08.
Weiterfahrt durch Tiszaföldvar, Cserkeszölö, Kunszentmarton, Szentes,
Hodmezövasarhely bis nach Mako.
In Mako auf den Zeltplatz.
135 km
29.08.
In Mako kaufen wir nochmal ein, denn in Kürze soll es nach Rumänien gehen,
wo die Versorgung mit Lebensmitteln unsicherer ist.
Kurz darauf passieren wir die rumänische Grenze.
Es folgt eine lange Strecke auf schwarzer Teerstraße durch eintönige Maisfelder
bis nach Arad, der ersten rumänischen Großstadt auf unserer Strecke.
Wir entscheiden uns, den offiziellen Zeltplatz zu nehmen.
84 km
Der Zeltplatz von Arad ist mit hohem Maschendrahtzaun umgeben.
Fast ausschließlich Transitreisende, die nur eine Nacht hier sind.
Die Atmosphäre wirkt gespannt, ab und zu tauchen Zigeuner oder Rumänen auf,
die irgendwas verkaufen oder tauschen wollen.
Einer von uns bleibt immer beim Zelt; wir haben ein mulmiges Gefühl.
Plötzlich Stimmengewirr und Getrappel - eine Menge Leute rennt hektisch in eine Richtung,
wo es ein Loch im Drahtzaun gibt und schon kurz darauf ist der Platz wie leergefegt.
Wie andere, die offiziell hier sind, trauen wir uns nicht aus dem Zelt.
Ein Trupp Uniformierter sondiert die Lage und inspiziert den ganzen Platz.
Uns ist durchaus nicht wohl, wir waren noch gar nicht angemeldet ...
Irgendwann sind sie wieder verschwunden, inzwischen ist es dunkel geworden.
Wir schlafen ausgesprochen unruhig und beschließen:
Ab sofort nur noch wild zelten in Rumänien!
30.08.
Die Fahrt geht weiter - immer im Muresul-Tal entlang,
durch Deva bis kurz hinter Simeria.
Soweit von der letzten Ortschaft entfernt,
daß wir das Hundegebell gerade noch so hören können,
schlagen wir bei ein paar Bäumen unser kleines Zelt auf,
nur durch eine Bodenwelle von der Fernverkehrsstraße getrennt.
184 km
31.08.
Wir hatten geplant, über das Fagarash-Gebirge zu fahren.
Daher geht es in nordöstlicher Richtung weiter.
In Sebes gelingt es uns, in einer Nebenstraße eine Verkaufsstelle zu finden,
wo es Brot gibt.
Weiter geht es nach Sibiu, wo die Transfagarash-Straße nach Süden über das
Gebirge abzweigt.
Hinter Sibiu suchen wir uns wieder ein verstecktes Plätzchen für die Nacht
und treffen vorher noch zwei Radler, Karsten und Gunnar, die ebenfalls über den Gebirgskamm wollen.
119 km
01.09.
Wir sind nun zu viert unterwegs.
Die Berge sind jetzt schon zu sehen.
Die Route von Norden her über den Fagarash-Kamm ist der kürzere und steilere Weg zum Paß.
Zunächst folgen wir einem Seitental, noch geht es aber nur allmählich bergauf.
Irgendwann aber wird das Tal enger und steiler, der Bach, der bisher neben der Straße war,
stürzt vor uns von oben kaskadenartig herunter.
Die Straße beginnt sich nun in engen Serpentinen hinaufzuwinden.
Wir wissen die Kilometersteine am Rand zu deuten -
23 km vor dem Paß steigen wir ab und schieben die restliche Strecke.
Mit 5 Gängen und schwerem Gepäck erscheint dies die weniger anstrengende Variante.
Zwischendurch eine Rast in der Hütte "Bilea-Kaskade".
Viel Zeit lassen wir uns nicht; wir müssen hinauf.
In der Abenddämmerung erreichen wir den Bilea-See.
Er liegt in einem hochaufragenden Felskessel, nach Süden führt die Straße nun durch einen
Tunnel unter dem Hauptkamm hindurch.
Der Paß ist also erreicht.
Eine Berghütte steht dort,
und auf den halbwegs ebenen Wiesenflächen nahe der Straße darf man zelten.
Immerhin, es sind 79 km geworden heute, fast ein Drittel davon haben wir das Rad geschoben.
79 km
Die Trans-Fagarash-Magistrale
... wurde eigentlich nur als Prestigeobjekt zum Ruhme Ceausescus gebaut.
Sie hat keinen wirtschaftlichen Nutzen und ist ausschließlich für Touristen interessant.
Sie überquert den Gebirgskamm der Karpaten zwischen den beiden höchsten Gipfeln des Gebirges
(Moldoveanu 2544m und Negoiu 2535m).
Die Straße führt von nur wenig über Meereshöhe bis auf 2034m,
wo ein Tunnel den Gebirgskamm durchstößt.
02.09.
Am folgenden Tag machen wir Radpause und haben uns eine Bergtour vorgenommen.
Die Fahrräder dürfen wir in der Berghütte unterstellen und opfern dafür
zwei Packungen unsrerer zum Tausch gedachten Zigaretten.
Bei durchwachsenem Wetter nehmen wir den Weg hoch zum Kamm in Angriff,
um dort entlang den Gipfel des Negoiu zu erreichen.
Es bleibt kalt und neblig; der Weg wird mit Eisenklammern und Stahlseilen teilweise
zum Klettersteig.
Aber wir schaffen es und stehen am Nachmittag auf dem zweithöchsten Gipfel Rumäniens.
Zurück an der Hütte am Bilea-See, trennen sich Karsten und Gunnar wieder von uns -
sie wollen noch am gleichen Abend weiter und wieder ins Tal fahren.
Wir dagegen bleiben; und derweil zieht ein Gewitter auf, dazu kommt Sturm.
Unbeständiges Wetter ist im Fagarash nichts Ungewöhnliches,
ich hatte bereits früher Schnee und Sturm im Hochsommer in dieser Gegend erlebt.
In unserem Fichtelberg-Zelt harren wir aus, während ringsum die Wassermassen in den
Talkessel stürzen.
Zum Glück war das Zelt neu und blieb dicht, selbst als ganze Bäche direkt unter
und hinwegströmten und wir wie auf einem Wasserbett schaukelten ...
3 km
"Cabana Bilea Lake"
ist die Berghütte am (bzw. im) Bilea-See direkt am Paß.
Auch wer zeltete, fand sich bei dem herrschenden Wetter im Aufenthaltsraum der Hütte ein.
Selten habe ich ein dermaßen geborgenes Gefühl gehabt.
Bergwanderer, Durchgangs-Touristen und Einheimische saßen an kleinen quadratischen Tischen,
hatten ihre Vorräte mit, begannen zu essen oder spielten Karten oder tauschten sich über ihre
Erfahrungen bezüglich Haltbarmachung von Schwarzbrot auf der Reise aus.
Erleuchtet war der Raum mit einer einzelnen Glühbirne, die von der Decke herunterhing;
und es gab zwei Luken: an einer wurden Getränke verkauft - normalerweise nahm man "sto gramm"
des einheimischen Schnapses - und an der anderen konnte man Bratkartoffeln mit gebratener Wurst bestellen -
ein für die damalige Zeit in Rumänien völlig unerwarteter Luxus.
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